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Die Familie Hasterlik und ihre Beziehung zu Heimito von Doderer – Alexandra Kleinlercher im Gespräch mit Giulia HinePaul Hasterlik |
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A.K.: Als Doderer „Die Dämonen der Ostmark“ in den dreißiger Jahren schrieb, war seine Beschreibung Ihres Großvaters als Ferry Siebenschein (Rechtsanwalt) oder als Dr. Schedik (Medizinalrat) nicht durchgehend freundlich, obwohl er ihn als herzlich beschreibt. Diese Stellen hat er später durchgestrichen und nicht mehr in den Roman „Die Dämonen“ übernommen. Er schrieb über die „dickflüssige Resignation“ Ferry Siebenscheins und vom „schwammigen Gesicht“ Dr. Schediks. Aber schon in den dreißiger Jahren überwiegen die Stellen, in denen er positiv beschrieben wird. G.H.: Großpapa war sicher in einer resignativen Phase, wahrscheinlich zwischen 1928 und 1931, vermutlich hauptsächlich wegen Mias zerbrochener Ehe und natürlich ihrer Drogensucht - das mit zwei kleinen Kindern, - zusätzlich noch Gustis Krankheit [Syphilis] und ihre wackelige Eheschließung und überdies noch die keifende Gattin (Irma). Boni [Mias Freund Heinrich Kopetz] erzählte mir, daß Paul oft nach Kritzendorf flüchtete, um fischen zu gehen, aber hauptsächlich um all „den Weibern“ zu entfliehen. Ich bin sicher, daß er zu Hause nie viel sagte - wo jeden Moment jemand einen Streit anfing oder in Tränen ausbrach. A.K.: Wie kam es zur Deportation Ihres Großvaters? Hatte er bei seiner Lebensgefährtin versteckt gelebt? Wie wurde er gefunden und was geschah mit ihr? Wann und wie erfuhr Ihre Familie von seiner Deportation und seinem Tod im Ghetto Theresienstadt? G.H.: Das ist eine so lange Geschichte, daß Sie auf das Erscheinen der Website warten müssen, die ja eigentlich als Gedenken (Memorial) an meinen Großvater gedacht ist. Darin können Sie an seinen eigenen Worten ersehen, wie er dachte, handelte und wo seine Interessen lagen. Nur kurz: Er lebte nicht bei seiner großen Liebe, Lili König, versteckt. Sie wurde vor ihm, 1941, deportiert. Lilis Briefe an ihn und umgekehrt sandte ich alle an Prof. Gusel in Österreich. [An einer Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Paul Hasterlik und Helene (Lili) König arbeiten derzeit Prof. Othmar Hanak und Prof. Gusel.] G.H.: Von Großvaters Tod am 7. März 1944, erfuhr ich, in der Schweiz lebend, als eine Karte aus Deutschland kam - von einer „Insassin“ aus Theresienstadt, einer alten Bekannten meines Großvaters, - daß er friedlich an Grippe gestorben war. Das war das erste Mal, daß ich von seiner Deportation nach Theresienstadt erfuhr. Nach dem Krieg hörten wird dann mehr Details von Wiener Freunden und dann vom Roten Kreuz, daß er 1942 deportiert worden war. A.K.: Hatte Ihr Großvater bis 1942 bei Mias Freund Heinrich Kopetz (Boni) gelebt? G.H.: Großvater mußte aus seiner Wohnung in der Wickenburgasse raus, zog in die Langegasse, wurde wieder vertrieben und wohnte dann in der Nußdorferstraße, von wo er deportiert wurde. Er hatte nie bei Boni gelebt, sondern immer alleine. Anfangs hatte er viel Besuch. Boni wurde zum Militär eingezogen, war daher dann nicht mehr in Wien. Die Details sind alle in den Briefen nachzulesen. Da Wolfgang Fleischer sie nie gelesen hatte - wie hätte er auch können - gibt es ein paar Fehler in seinem Buch, z. B. auch daß Großvater aus der Tramway gestoßen worden sei; das stimmt nicht. Er hatte beim Überqueren der Straße nicht aufgepaßt und war von ihr umgestoßen worden. Das passierte zwei Mal! Dabei spielt die Phantasie meiner Mutter eine große Rolle, sie schmückte den Unfall aus - auf „Nazi Gräuel“. [Wolfgang Fleischer hatte für seine Doderer-Biographie mit Giulia Hine und ihrer Schwester Suzanne Wolff gesprochen. Die Darstellungen, die Familie Hasterlik betreffend, entsprechen daher der Familienüberlieferung. Giulia Hine entdeckte die Briefsammlung ihrer Tante erst wieder und begann sie aufzuarbeiten, nachdem Wolfgang Fleischers Buch 1996 veröffentlicht worden war. Er schreibt, daß Paul Hasterlik als „U-Boot“ bei Heinrich Kopetz gelebt hätte. Zwei SS-Offiziere hätten Paul Hasterlik aus der fahrenden Straßenbahn geworfen, da er den Hitlergruß verweigerte. Die gleich darauf verständigte Gestapo hätte den Verletzten aufgegriffen und in der Folge deportiert.]
Copyright © Alexandra Kleinlercher, Berlin 2005. Dieses Interview ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.
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