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Bernhard Setzwein: Ein Fahneneid aufs Niemandsland.

Bernhard Setzwein: Ein Fahneneid aufs Niemandsland. Literatur über Grenzen. Essays, Reden, Interviews. Viechtach: edition lichtung 2001. 176 S., Broschur, EUR 12,70

Dies ist kein schönes Buch. Sein Umschlag, ein an Wellpappe erinnernder rostroter Prägekarton kann einen Leser mit seiner rigiden Tristesse, ja Ödnis, geradezu abschrecken. Gleichwohl lohnt es sich, hier die eigene Reserve zu überwinden. Setzweins Sammlung von Essays, Reden und Interviews aus den Jahren 1990 bis 2000 ist ein reizvolles Kompendium von ebenso gescheiten wie vergnüglichen Texten.

"Andere Leut'", so schreibt der Autor in seinem Vorwort ("Die Papiere, bitte! Ein Wort vor Reiseantritt", S. 7f.) haben ihre Weltanschauung, ich hab' meine Grenzanschauung." Setzweins "Grenzanschauung", die als Erläuterung des Buchtitels ebenso plausibel wäre wie als raffiniert irisierendes Motto des Bandes, wird indes gleich im nächsten Satz zur literarischen Standortbestimmung transformiert und so auf die konkrete Lebens- und Schreibsituation des Autors bezogen: "Jeden Tag habe ich die, wenn ich aus dem Fenster meines Arbeitszimmers vom bayerischen Waldmünchen aus auf den Bergrücken des böhmischen Cerchov schaue." (S. 7)

Nun mag man sich schwertun, Waldmünchen als Zentrum literarischer Weltbeschreibung aufzufassen, als grenznaher oder besser: grenznächster Flecken ist es jedoch ein perfekter Ausgangspunkt für Reisen in die bayerisch-böhmisch-österreichische Literaturgeschichte. Setzwein berichtet von bekannten und unbekannten, von im literarischen Gedächtnis präsenten und von vergessenen Autoren. Seine stets sachkundigen Betrachtungen gelten Österreichern wie Heimito von Doderer (",Profund einverblödet in's Gewohnte.' Heimito von Doderers Doppelleben zwischen Wien und Landshut", S. 39 - 49) und Johannes Freumbichler, Tschechen wie Ladislav Klíma und Jáchym Topol sowie den Bayern Paul Wühr, Karl Valentin, Lena Christ, Oskar Maria Graf und Emerenz Meier. Eine zentrale Rolle bei seinen Betrachtungen spielt immer wieder - getreu der eingangs vorgenommenen literarischen Standortbestimmung - der Ort, an dem, der da einst schrieb, sein Leben oder einen Abschnitt davon zugebracht hat.

Weiters berichtet Setzwein von seinen Reisen oder besser: von seinen Ausflügen ins nachbarliche Domazlice oder zum "Fürsten des Blätterteigs" (S. 74 - 77) nach Pilsen, widmet sich ausführlich dem bayerisch-österreichischen Beziehungsgeflecht ("Der uralte Streit ums Beuschlprimat", S. 11 - 38) und analysiert die spezifisch bayerische Befindlichkeit Ende des endenden 20. Jahrhunderts ("Ist Tschüs bairisch? Mundart an der Grenze zum neuen Jahrtausend", S. 156 - 159; "Horrorsitzweil vom Zeit-Mausloch. Heimat-Science-Fiction und Zukunfts-Spaßettl'n aus Anlaß eines Datumswechsels", S. 163 - 166).

Die anzitierten Titel haben es schon angedeutet: Setzweins Art zu schreiben ist tief verwurzelt in der bairischen Mundart, die ihm zwar selten Maß und Regel, aber immer erfrischende Inspiration gibt. Auch scheut der Autor nicht originelle Sprünge, noch flinke Wendungen. Der Seriösität der mitgeteilten Informationen, die da sichtlich in bunten Kleidern daherkommen, tut dies alles freilich keinen Abbruch, ganz im Gegenteil.

Fazit: Bernhard Setzweins "Fahneneid aufs Niemandsland" ist kein schöner Anblick, bietet jedoch eine Fülle peripherer, aber niemals provinzieller Ausblicke, deren Reiz so bedeutend ist, daß es ihnen gelingt, den Leser auch für das erzählerische und dramatische Werk dieses Autors zu interessieren.

Gerald Sommer

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Copyright © Gerald Sommer, Berlin 2002.
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