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Thomas Petutschnig: „Ist er die Mitte?“ Anmerkungen zu Funktion und Bedeutung der Figur Leonhard Kakabsa für die Endfassung des Romans Die Dämonen von Heimito von Doderer

Thomas Petutschnig: „Ist er die Mitte?“ Anmerkungen zu Funktion und Bedeutung der Figur Leonhard Kakabsa für die Endfassung des Romans Die Dämonen von Heimito von Doderer (Phil. Diss. im Entstehen, Universität Wien).

Doderers 1956 erschienener Roman Die Dämonen. Nach der Chronik des Sektionsrates Geyrenhoff ist das Ergebnis einer grundlegenden Überarbeitung eines Projekts, das der Autor bis Mitte der 30er Jahre bearbeitet, dann abgebrochen und zwischen 1940 und 1944 einer kritischen Revision unterzogen hatte. Eine kontinuierliche Niederschrift zur Fortführung des Romans nahm Doderer indes erst zu Beginn der 50er Jahre, parallel zur Text-Revision der vorliegenden Kapitel, wieder auf. Das Romanfragment von 1936 „Die Dämonen der Ostmark“ entspricht zwar in groben Zügen dem ersten Teil der späteren Dämonen, doch erscheinen bereits in diesem Teil des Romans einige neue Figuren, die der Autor im Zuge der Überarbeitung dem bestehenden Figureninventar hinzugefügt hat. Mit diesen - und das ist wohl der wesentliche Grund für ihre Einführung - erfährt auch das aus den 30er Jahren stammende Projekt eine Wendung, da mit ihnen neue Handlungsstränge ermöglicht werden, die von den früheren Themen wegführen.

Leonhard Kakabsa, eine dieser neu eingeführten Figuren, fällt besonders auf, weil er - im Roman wie im Tagebuch - durchgehend positiv geschildert wird, mithin ein Faktum, das nicht auf viele andere Figuren des Autors Doderers zutrifft. Obendrein ist er, ebenfalls ein zentraler Punkt für das Verständnis der Figur, eine von ganz wenigen Figuren, die Doderer ohne das Vorbild einer realen Person geschaffen hat. 1952 konzipiert, hat er, wie sich anhand der Tagebücher der betreffenden Jahre leicht nachvollziehen läßt, bis zum Herbst 1953 seine wesentlichen Konturen gewonnen. Kakabsa, ein junger Arbeiter, wird (vereinfacht formuliert) durch autodidaktisches Lernen der lateinischen Sprache dazu motiviert, seine bisherige Umwelt zu verlassen und geht mit Überschreiten der „Dialektgrenze“ einem sozialen und kulturellen Aufstieg entgegen.

Die von Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler betreute Dissertation versucht nun zu klären bzw. abzugrenzen, welche Funktion und Bedeutung der Figur Leonhard Kakabsa für die Endfassung der Dämonen zukommt. Einerseits ist er relevant für die Komposition des Romans: seine Beziehungen zu anderen Figuren bedingen in hohem Maße den Fortgang der Handlung. Dieser Bereich wird hier „Funktion“ genannt. Zugleich hat Kakabsa die Aufgabe, das alte Romanprojekt für die Zeit nach NS-Herrschaft und Zweitem Weltkrieg zu retten: er tritt in eine neue Umwelt ein, die sich durch ihn zu verändern beginnt, oder anders: Leonhards neue Welt ist eine alte, die es zu überwinden gilt. Diese Dimension wird hier als „Bedeutung“ bezeichnet.

Von Interesse sind in diesem Zusammenhang folgende Punkte: Leonhards Angst vor „Verstrickung[en]“ ( Dämonen, S. 117) gleich welcher Art, seien diese nun amouröser, beruflicher oder auch politischer Natur, seine Beziehung zur Sprache und deren Auswirkungen auf andere Figuren wie auf Doderers auch sprachliche Neukonzeption des Romans sowie weiters seine „prae-religiöse“ Existenz (vgl. Commentarii 1951 - 1956, S. 137 u. 143) und seine antidämonischen Wesenszüge. Ebenfalls klärungsbedürftig erscheint schließlich Doderers Verständnis des Begriffs „Objektsbewältigung“ (vgl. Commentarii 1951 - 1956, S. 80, 121, 138 u. 139), anhand dessen festgestellt werden soll, ob und inwiefern der Autor das Objekt Leonhard bewältigt hat oder nicht, ein Befund wiederum, der potentiell zu zeigen vermag, ob Doderers Neukonzeption der Dämonen insgesamt so gelungen ist, wie er sie beabsichtigt hatte.

Die Arbeit wird voraussichtlich bis Ende 2005 abgeschlossen vorliegen.

Thomas Petutschnig

Mail an den Autor

Erschienen in: Gassen und Landschaften: Heimito von Doderers „Dämonen“ vom Zentrum und vom Rande aus betrachtet. Hrsg. v. Gerald Sommer. Würzburg 2004 (Schriften der Heimito von Doderer-Gesellschaft; 3) , S. 503f. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

Copyright © Verlag Königshausen & Neumann GmbH, Würzburg 2004.
Alle Rechte vorbehalten.

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